Antje Kröger | Fotokünstlerin

Georgien Jun*2025: Tiflis, Tbilissi, თბილისი (Teil II)

Posted by on Juli 27 2025, in Mensch, Welt

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J. Stalin’s Underground Printing House Museum

Eine Busfahrt, die ist lustig. Eigentlich. In Tiflis eher stickig und überfordernd und meist sehr lang. Die Fahrer, zumeist mit ziemlich aggressiv-rabiatem Stil unterwegs, versuchten, das Gefährt durch den Stadtverkehr zu lenken. Wenigstens gab es da eine eigene Busspur. Weiblichen Busfahrerinnen begegnete ich nie. Irgendwie sah ich überhaupt fast ausschließlich Männer am Steuer von Fahrzeugen. Der Verkehr in der georgischen Hauptstadt war überbordend, aggressiv, ruhelos.
In manchen Bussen gab es W-Lan, in nur einigen Klimaanlagen, nur manchmal wurden die Stationen angezeigt (natürlich auf Georgisch). Deshalb verfolgte ich die Fahrten immer mit dem GPS auf meinem Handy. Erst zählte ich noch die Stationen, aber das gab ich schnell wieder auf, funktionierte fast nie. Manchmal ließ ich mich einfach treiben, nahm irgendeinen Bus und fuhr und fuhr. Hatte ich jedoch ein bestimmtes Ziel, musste ich mich konzentrieren, manchmal fragte ich nach.


An diesem Tag: 35,1 Grad im Schatten, es war Juni. Ich machte mich mit dem Bus auf den Weg ins J. Stalin’s Underground Printing House Museum weit außerhalb des Zentrums. Nach der Busfahrt noch ein 20-minütiger Fußmarsch. Puh – diese Anstiege! Die Straßen und Gehwege, die sich langsam hoch schlängelten, waren echt anstrengend bei Temperaturen über 30 Grad. Erst wunderte ich mich noch, warum die Straßen so leer waren. Irgendwann war es auch mir klar. Die Leute flüchteten vor der Hitze, die eigentlich erst im Juli und August Georgien in Beschlag nimmt. Die Haustüren vieler Häuser standen einfach offen, vermutlich, damit wenigstens ein kleiner Luftzug hineinkam.


Das Museum. Skurril. Dreckig. Gerade im Renovierungszustand. Zwei alte Männer (zwischen 60 und 70 Jahren) saßen in einem kleinen, stickigen Büro voller Sowjet-Artefakte. Ein Ventilator drehte sich, ein Fernseher mit einer politischen Debatte lief. Der ältere von den beiden Herren verließ den Raum, um ein junges Pärchen durch die „Ausstellung“ zu führen. Ich stellte meinen Rucksack auf der Couch ab, der übrig gebliebene Alte gab mir einen Zettel zum Lesen. Nebenbei erzählte er mir, dass er früher KGB-Offizier gewesen sei. Who knows. Er trug ein Aldi-Hemd und eine Sonnenbrille und nannte mich immer „Madame“, ich musste in mich hinein schmunzeln. Er fragte mich, wo ich herkomme. Ich antwortete. Er strahlte. Denn die Druckerpresse, mit der an diesem Ort in den 1920er und 30er Jahren politische Texte, Flugblätter und Zeitungen vervielfältigt wurden, stammte aus Augsburg. Sein Gesicht leuchtete glücklich. Sowieso hatte er große Freude, mich mit seiner Taschenlampe durch die Räume zu führen. Er sprach über den jungen Stalin, der an diesem Ort auch zeitweilig lebte, er sprach über Lenin und die Prawda-Zeitschrift und über Karl Marx und Clara Zetkin. Sein Russisch war so schnell, dass ich nur die Hälfte verstand. Englisch, die Sprache des „Feindes“, zu benutzen, war natürlich nicht möglich. Er konnte sie auch schlicht und ergreifend nicht. Tenor in allen Räumen: Kommunismus gut, Amerika schlecht. Wir kämpfen für den Sozialismus. Es hatte etwas von einer Verehrung dieser „Kämpferinnen“. Keine geschichtliche Einordnung. Ohne ein „Was haben die eigentlich noch so getan?“ Nach der Zeitreise in die Sowjetunion fragte ich nach einer Toilette. Der Weg führte mich in den muffigen Keller. Pinkeln jedoch konnte ich nicht. Ich war solch eine dreckige Toilette, wie ich sie auch von Festivals oder von anderen Reisen durch Osteuropa kannte, nicht mehr gewohnt. Ich entleerte mich später, in irgendeinem Park. Nach dem Museum kaufte ich mir mein erstes Eis aus einer Truhe eines kleinen Lädchens. Schockverliebt war ich. Das Eis schmeckte wie in meiner DDR-Kindheit. Von da an gönnte ich mir jeden Tag mindestens eines davon.


Nach Lenin, Stalin und der illegalen Druckerpresse aus Augsburg ging es, wieder mit dem Bus, zum Kukia-Friedhof. Einmal umsteigen, der nächste Bus quälte sich einen Berg hinauf. Irgendwann fragte ich meine Sitznachbarin, wann ich aussteigen müsse. Am nächsten Halt stieg ich spontan aus. Da war ein bunter Plastikspielplatz, ganz niedlich. Zwei schwarz gekleidete Frauen saßen auf einer Bank. Ich dachte: Okay, hier ist vielleicht „Friedhof“. Es fühlte sich jedenfalls so an. Ich fragte die beiden schwarzen Damen, ob ich sie fotografieren dürfe. Sie hatten Freude daran. Dann fragte ich nach dem Friedhof, sie zeigten ein-fingrig in eine Richtung. Dort war eine Steinwand, in dieser war eine Auslassung. Ich schlüpfte hindurch – und plötzlich stand ich schon mitten auf einem Teil des Friedhofs. Als ich mir diesen vorher auf der Karte angeschaut hatte, sah ich, dass er von großem Ausmaß war. Georgisch-orthodoxe Friedhöfe sind sehr speziell. Man begegnet nicht einfach nur Gräbern, sondern ganzen Grabstellen. Umzäunt. Meist verschlossen. Darin das eigentliche Grab oder die Grabstellen. Ästhetisch war dieser Friedhofsspaziergang sehr spannend: vertrocknete Blumen, bunte Blüten, hohes Gras, keine Menschenseele, Schatten und Licht, die wechselten, Fotografien auf Stein, georgische, russische, lateinische Buchstaben … Der Friedhof ziemlich hügelig und ohne sichtbare Wege. Alles ein bisschen… crazy. Neben den Grabeskäfigen standen Bänke und Tische – aus Holz, Stein, Metall. Die sind für die Lebenden, damit sie an speziellen orthodoxen hohen Tagen zusammen mit ihren Toten essen und trinken konnten. Ich saß auf solcher Bank, als ich eine Begegnung der dritten oder vierten Art hatte. Vorher war ich einer Arbeiterin begegnet, die sich sehr erschrak, als ich plötzlich vor ihr stand. Sie ruhte sich aus, ihre Aufgabe war es, die Umzäunungen zu streichen. Auf Russisch erzählte sie mir, dass das Stalin-Grab ganz in der Nähe wäre, stolz lag in ihrem Tonfall. Ich wusste auch sofort, was sie meinte. Das Grab der ersten Frau Stalins. Jedoch hatte ich gar kein Bedürfnis, dies zu besuchen. Außerdem war ich am Gräbersuchen schon immer gescheitert, immer. Nun aber zum skurrilen Teil meines Friedhofbesuches. Ich saß also auf dieser Bank. Da schlich ein Typ vorbei. Er grüßte mich, ging weiter. Dies wiederholte sich. Beim dritten Mal sprach er mich an. Er hätte gesehen, dass ich die Gräber fotografiert hätte. Das sei verboten. Er würde jetzt die Polizei rufen. Ich war völlig konfus. Dieser Typ, ich dachte erst ein Alkoholiker, wollte die Polizei rufen, weil ich fotografierte. Steine und Geschichten von Familien und Toten. Er war penetrant mit seinen Worten im Mir-Angst-Machen. Ich packte meine Sachen und wollte „einfach“ weitergehen. Da fragte er mich nach Methadon oder Gras. Junkie also. Sah ich so aus, als wenn ich seinen gewollten Stoff mit mir herumtrage? In Georgien, einem Land mit einer ziemlich strengen Drogenpolitik? Und sowieso. Wer hat nicht immer Methadon oder Gras dabei? Mittlerweile war mir die Situation ziemlich unangenehm, schließlich wusste ich auch, dass kein anderer Mensch in der Nähe war. Ich drängelte mich vorsichtig an ihm vorbei und ging schnellen Schrittes fort. Er folgte mir nicht. Gut. Dennoch suchte ich schnell einen Ausgang. Und später, als ich wieder im Zentrum war, fragte ich einen jungen Polizisten, der gut Englisch sprach, wie das so ist mit der Friedhofsfotografie. Er war sichtlich überfordert mit dieser Frage. Wusste keine richtige Antwort, meinte dann aber, wenn es keine Schilder gäbe mit „Fotografieren verboten“, sei es kein Problem. Und nebenbei, der Junkie zeigte mir während unserer Diskussion noch das Grab von Stalins Mutter oder Frau, so genau verstand ich das nicht, interessierte mich aber in diesem Moment auch recht wenig. Nachdem die Straße mich wieder hatte, nahm ich einfach den nächsten Bus, der kam. Fuhr aber nur eine Station, denn ich sah aus dem Fenster einen weiteren Friedhof. An dessen Eingang standen ein Oldtimer (mein erster in Georgien) und verrottete und ein Panzer. Und eine Polizeistation war auch in der Nähe. Dennoch war dieser Friedhofsbesuch nicht sehr entspannt. Ich fotografierte ein paar Gräber und verschwand dann schnell wieder. Wieder nahm ich irgendeinen Bus. Ich fuhr und fuhr.

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Kukia-Friedhof

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Expo Georgia

Ein Tag im Zeichen sowjetischer Artefakte

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Georgien Jun*2025: Tiflis, Tbilissi, თბილისი

Der nächste Tag stand ganz im Zeichen sowjetischer Überbleibsel. Ich fuhr erneut mit dem Bus, diesmal zur Expo Georgia. An der Haltestelle blinkte eine Temperaturanzeige auf: 43,3 Grad. Zum Glück musste ich nur ein kurzes Stück laufen. Für Juni waren das ungewöhnlich hohe Temperaturen, selbst für Tiflis. Das Messegelände stammt aus sowjetischer Zeit und besteht aus elf Pavillons und einem Eingangsgebäude. Es wurde zwischen 1960 und 1971 errichtet. Überall sind Mosaike, Skulpturen und Kunst am Bau zu entdecken. Beeindruckend, aber leider schwer zu fotografieren. Entweder wucherten Büsche und Bäume davor, oder die Sicht wurde von Menschenmengen versperrt. Manche Mosaike waren schlichtweg nicht zugänglich. Der Sicherheitsmann beobachtete mich mehrfach misstrauisch, sobald ich zu nah an die Absperrungen trat … Neben kunstvollen Bauwerken gibt es auf dem Gelände auch Teiche mit Seerosen und ein Café – ein idyllischer Ort zum Verweilen. Den Blick ließ ich mir allerdings teuer bezahlen: Eine hausgemachte Limonade kostete stolze sieben Euro. Ich nenne das mal Georgien-Wucher-Wahnsinn. Völlig überteuert! Zum Glück hatte ich noch ein paar Snacks im Rucksack und musste nichts essen.

Auf dem Rückweg nahm ich spontan den Bus mit dem Ziel: Technische Universität, klang interessant, also stieg ich ein. Die Fahrt dauerte etwa 45 Minuten, der Bus füllte sich zunehmend, bis er schließlich völlig überfüllt war. In mir stieg Panik auf. Wie viele Menschen passten denn bitte in so ein kleines Fahrzeug? Ich hatte kurz das Gefühl, wir könnten jeden Moment umkippen. Als plötzlich viele Fahrgäste gleichzeitig ausstiegen, ließ ich mich vom Strom mitreißen – und stand, wie zufällig, wieder vor einem sowjetischen Mosaik. Wunderschön, doch erneut durch einen Zaun abgeriegelt. Ich umrundete das Gebäude, fand aber keinen guten Platz zum Fotografieren. Also stromerte ich einfach weiter durch die Gegend, kaufte mir frisches Wasser und setzte mich auf die Treppe eines Friseursalons. Von Weitem entdeckte ich Manon. Die alte Dame mit dem französischen Namen. Sie lief mit Krückstock, war auffällig eitel, streckte beim Fotografieren immer das Gesicht ins Licht. Sie erzählte mir beiläufig, dass sie eine Freundin in Berlin habe und dass sie den Stoff meines Rucksacks ganz schrecklich finde: „Was ist das für ein Material?“ fragte sie neugierig und versuchte mehrmals, ihn anzufassen. Eigentlich war ich nur noch auf der Suche nach einer Toilette. Während ich durch die alten Plattenbauten spazierte, bewunderte ich ihre vergangene Schönheit. Die Sonne war inzwischen tief gesunken. Schließlich fuhr ich zurück ins Zentrum. Diesmal mit der Metro. Beim Aussteigen traf ich unerwartet Georgi wieder, den 27-jährigen Mann, den ich zwei Tage zuvor kennengelernt und kurz darauf aus einem Bus heraus wiedergesehen hatte. Er berichtete mir, dass er Naturwissenschaften studiert hatte – Mathe, Chemie, Physik, so etwas – aber heute in einem Supermarkt arbeite. Acht Stunden täglich für 1000 Lari, etwa 350 Euro im Monat. Er sagte, das reiche gerade so zum Leben. Er wohnte bei seiner Mutter. Wir saßen für eine Weile vor der Metrostation. Er teilte seine Datteln mit mir. Dann verabschiedeten wir uns: Er wollte auf die Demonstration gehen, ich schleppte mich erschöpft von der Hitze in meine Herberge.

Zurück in meiner Unterkunft musste ich mich über meine neuen Nachbarn aus Kasachstan ärgern. Schon am Vortag hatten sie die Waschmaschine für zwei einzelne Teile Unterwäsche angeworfen. Jetzt trockneten sie ihre Wäsche mit dem Ventilator und ließen überall das Licht brennen. Auch in den folgenden Tagen nicht besser. Ich begann, ihnen mit kleinen Sabotageakten dazwischenzufunken, weil ich diese Verschwendung von Energie einfach nicht ertragen konnte.

Die letzten Tage in der Hauptstadt ließ ich ruhiger angehen. Ich probierte mich durch georgisches Street Food und Eis, besuchte kurz den Flohmarkt und erlebte an meinem letzten Abend einen spektakulären Regenschauer. Für einen Moment stand die Stadt still. Nichts bewegte sich mehr. Die Hitze, die sich tagelang auf die Haut gelegt hatte, wurde nun von heftiger Feuchtigkeit abgelöst. Ich genoss diesen Augenblick sehr. Am Abend besorgte ich mir noch eine Flasche georgischen Wein und stieß auf meine Zeit in Tiflis an.

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