Antje Kröger | Fotokünstlerin

125 Maximum / Fragmente einer Erzählung über die Mäntel des Winters, eine DDR-Waage, ganz viel Licht, einen rauchenden Kolben & die Angst

Posted by on Dez 13 2022, in Mensch

125 Maximum / Fragmente einer Erzählung über Wintermäntel, einer DDR-Waage, ganz viel Licht, einem Kolben und der Angst

Was für ein Affentheater

Die Fotokünstlerin erklärt: Leider sehen wir folgende Fotografien nicht: Mein Marmor (das weibliche Model mit dem wohlklingenden Namen Juni) mit erstem hellen Ledermantel und Fellmütze auf rotem Sessel, pinkes Licht von der Seite. Der Marmor raucht und kriecht tief hinein in den noch tieferen Sessel, befreit sich vom Mantel. Danach pustet „Marmor J“ den Rauch in einen Kolben aus Glas, sehr engagiert. Und dann, dann werden die Pflanzen (Kakteen und Ziergestrauch in alten Tassen) vom Holztisch geräumt. Auf einen Mantel, der ausgebreitet auf dem Boden liegt. Mit dem braunen Fell nach oben. Der Tisch ist fast leer. Auf dem Mantelfell steht auch eine alte Personenwaage aus der DDR. Sie zeigt an: Maximal 125 KG. Auf dem Holztisch steht noch ein Kerzenleuchter, die zwei weißen, krummen Kerzen brennen. Mein Marmor-Model steigt auf den Tisch hinauf, spielt mit einer Pflanze in einem weißen Plastik-DDR-Übertopf. Es hält das Ensemble vor die Scham. Ich sitze unter „Marmor J“ auf dem Sessel und fotografiere. Der Marmor sitzt, kniet, liegt auf dem Tisch. Anschließend steigt J hinab, wandert zum Fenster, dort hängt ein neuer Mantel (rötlich). Sie bekleidet sich, öffnet das Fenster und greift nach dem Schnee auf dem Sims. („Marmor J“ wird angestrahlt von unten, von einer sehr alten Theaterleuchte mit dem schönsten Licht, das ich kenne.) Anschließend lässt sie den Schnee auf sich hinab schneien. Diese Szene wiederholt J ein paar Mal. Ich genieße die kurze Eisigkeit, die sich durch den warmen Raum schneidet. (Die Schneebilder fehlen mir und J. Schon jetzt. Am meisten.) In der Nähe des Fensters steht ein gelber Stuhlsessel. Mein Marmor fällt hinein. Von oben hängen Schnüre vor der Decke hinab. J legt sich die Schnüre um den Körper, um den Hals.


125 Maximum / Fragmente einer Erzählung über Wintermäntel, einer DDR-Waage, ganz viel Licht, einem Kolben und der Angst
125 Maximum / Fragmente einer Erzählung über die Mäntel des Winters, eine DDR-Waage, ganz viel Licht, einen rauchenden Kolben & die Angst

Ihr Blick in meine Kamera berührt mich. Denn wir arbeiten uns zusammen an der Angst ab. Nicht an der Angst im Allgemeinen. An der existenziellen Angst, die mensch „überfällt“. Manchmal aus dem kalten Nichts. Diese Angst, die verschwistert ist mit der Panik. Diese Angst, die einsam macht, wenn sie bleiben täte für immer. Diese Angst, die ängstlich macht. Ich erzähle J von mir als Ballon an einer langen Schnur, das Ende der Schnur ist um einen großen Stein gewickelt und fest verknotet. Dieser Stein lässt mich in der Welt verbleiben. Er sichert mich, wenn auch meine Schnur sich mal verwickelt, oder kürzer wird. Dieser Stein festigt mich, ohne mich anzubinden. Er gibt mir Kraft und Halt, ohne mich zu beschweren. Er unterstützt meine freiheitlichen Gewünsche. Wenn aber die Angst kommt, spüre ich zwar seine Anwesenheit, aber die Schwere des Steines hilft nicht gegen das zuschnürende Gefühl, das Angst macht. Hilflosigkeit. Auf allen Ebenen. Es hilft nur: Atmen. 4x4x4.

Diese Angst, die einen taub und stumm werden lässt. Diese Angst, die einengt, um sich herum nur graue Schattierungen zulässt. Wir kennen diese Angst J und ich. Auch wenn jede von uns ihr wahrscheinlich einen anderen Namen geben würde.

„Marmor J“ sitzt noch immer auf dem Sesselstuhl. Setzt sich ein Geweih auf, das auf einem kleinen Hocker neben ihr liegt. Ich leuchte mit einer Taschenlampe in das Gesicht von J. Sie steht auf, geht zu einem weiteren Fenster, dort hängt ein Jägermantel. Den streift sie über und erblickt den Affen…


125 Maximum / Fragmente einer Erzählung über Wintermäntel, einer DDR-Waage, ganz viel Licht, einem Kolben und der Angst
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Warum so viele Worte anstatt Fotografie? Zwei Drittel dieser Geschichte in Fotografien sind verloren. Gegangen. Auf wirklich wundersame Weise verschwunden. Irgendwann die Anzeige „Karte voll“. Wechsel. Neue Karte. Fotos verschwunden. Im digitalen Nirvana. Wie das passieren konnte? NULL PLAN. Aber auch nicht mehr veränderbar. Diese Geschichte ist nicht mehr rein bildlich erzählbar. Deshalb Worte um Worte um Worte.


125 Maximum / Fragmente einer Erzählung über Wintermäntel, einer DDR-Waage, ganz viel Licht, einem Kolben und der Angst
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