Antje Kröger | Fotokünstlerin

INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

Posted by on Nov 22 2023, in Mensch, Workshop

INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT - die Nachlese

Immer für eine Überraschung gut, der Drei-Tages-Workshop im November

Auch in diesem November gab es den dreitägigen Intensiv-Fotoworkshop bei mir in Leipzig. Mit Abstand ist dies der beliebteste Fotografie-Workshop in meinem wechselnden Angebotsreigen. Dieser Workshop hat es in sich, ein großer Packen an Theorie und viele praktische Übungen dazu. Immer wieder anders, immer wieder gut geschüttelt und gerührt. Immer wieder ein neues Thema von mir, Menschen, die ihre Themen mitbringen, neue Inhalte … Immer wieder gibt es diesen Workshop im November. Dann, wenn es draußen ungemütlich und dunkel ist, in diesem Monat des Übergangs, noch nicht Winter, aber auch nicht mehr Herbst. Ein gar guter Moment, um kreativ zu arbeiten, zu lernen, auf eine fotografische Reise zu gehen. Dieser November-Intensiv-Workshop hat schon gar manche Weiche auch für mein persönliches Leben neu gelegt, Säulen zum Wanken gebracht und Veränderungen nach sich gezogen. Neulich, als ich mich mit einer Gesangslehrerin unterhielt, erzählte diese mir, dass auch bei ihr verstärkt zugenommen hat, dass sie ziemlich viel von ihren Schülerinnen lernt und mitnimmt. So ähnlich empfinde ich es auch. Während meiner Workshops entstehen Verknüpfungen und Resonanzen, die ich vorher nicht ahnen konnte. Es bilden sich Freundschaften und Lebensbegleitungen und viele anderweitige kreative Möglichkeiten.

Einen Teilnehmer für den Workshop verloren wir in diesem November an Corona. Ein reiner Mädchenhaufen blieb übrig. Tat unserem gemeinsamen Prozess jedoch keinen Abbruch. Alles noch eine Stufe intensiver. Trotz großer Kaputtness gönnten wir uns nach getaner Arbeit am Sonntag den gemeinsamen Wein. Aber von vorn: Thema der drei Tage: Neue Sachlichkeit.

Was heißt denn nun aber „intensiv“ und was genau verstehen wir unter einem Porträt und warum auch noch ein Thema für den Workshop?

Die Wahl des Themas war eine konsequente Weiterführung aus meinen Recherchen und Gedanken zur eigenen Kunst, zum fotografischen Jahresthema 1923. Dazu habe ich bereits selbst so viel recherchiert, und auch schon ordentlich fotografisch gearbeitet. Währenddessen lief mir immer wieder die Epoche „Neue Sachlichkeit“ über den Weg. Otto Dix, George Grosz, Jeanne Mammen, Max Beckmann, auch Bertolt Brecht, Franz Kafka, Kurt Tucholsky, und Themen wie Sozialkritik, Hunger, Zynismus, Verkrüppelung, Aufarbeitung des 1. Weltkrieges, Inflation, Gewalt, Antisemitismus usw.


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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

Mit dem gewählten Thema wollte ich die Teilnehmerinnen und Modelle in eine andere kunsthistorische Zeit und natürlich auch in einen anderen politischen Zustand (ent)führen und einfühlen. Denn Fotografie tut eines viel zu selten das, was Kino, Theater, Oper oder der Roman spielend vermögen – eine Geschichte (aus einer anderen Zeit, einem anderen Raum) erzählen, und zwar als Inszenierung, als Kunstwerk, mit hoffentlich mindestens doppeltem Boden. Genau dies versuche ich mit meiner Porträt-Fotokunst selbst nun schon ein Jahrzehnt lang. In meiner Welt muss ein fotografisches Porträt nicht „hübsch sein“. Dieses Genre kann und darf vor allem noch so viel mehr! Nämlich kritisieren, träumen, aushandeln, provozieren, dahinterschauen, kitzeln, aufscheuchen, anekeln, übertreiben, herausfinden, konfrontieren, abstrahieren, infrage stellen, faszinieren, konfrontieren, verfremden, erschüttern, beflügeln, ermutigen, bewegen, erweichen, lehren …

Porträts im heutigen Zeitgeist: Hochzeitsfotos, Fotos für soziale Medien und Werbung, Fotos von Baby bis Teenager für die Selbstdarstellung oder die bucklige Verwandtschaft, Fotos von Tieren, Fotos von Konzerten und Veranstaltungen, Reisen, vielleicht auch noch Kriegsfotos. Auf dem Smartphone gibt es eine eigene Einstellung für das „Porträt“. Die abgebildete Person wird erhellt und geschärft, der Hintergrund verblasst und verschwimmt. Alles ki-gesteuert. Eine Maschine entscheidet, was der Zeitgeist ansprechend findet. Familiäres Prinzip heißt das Phänomen dahinter (Das, was wir oft sehen, finden wir schön!) und kann unter Umständen einen gewissen Narzissmus auslösen. Denn das vermeintliche Abbild einer Person hat oft wenig mit dem „realen Abbild“ zu tun. Deswegen kann ich so wenig anfangen mit Begriffen wie Echtheit, Authentizität, Wahrheit. All das gibt es GAR NICHT. Was es aber gibt, ist eine Darstellung eines (inneren) Prozesses, eines Themas, einer Aufgabe und so weiter. Gibt es den richtigen Moment? So, wie Henri Cartier-Bresson es predigte? Auf der Straße sicherlich, das Zusammenspiel von Licht, Komposition und dem relevanten Inhalt. Ja, da spielt der richtige Moment eine große Rolle. Aber ansonsten gilt für die Art Porträtfotografie, wie ich sie verstehe, diesen Moment zu schaffen, zu kreieren. Regie und Dramaturgie und Raum die Stichworte. Der Schlüssel, die Kommunikation und die Bereitschaft auf eine gemeinsame Reise, egal, ob als Model, mein Marmor, der (m)eine Geschichte erzählt oder ich als Fotografin und Künstlerin, die sich einlässt, die Geschichte des Menschen vor meiner Kamera zu erfühlen und aufzunehmen. Ich bin ein Spiegel.


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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

Selbst hatte ich mich für den Workshop außerordentlich akribisch vorbereitet, thematisch. Manchmal zeige ich meinen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, wenn es ins Konzept passt, wie ich selbst künstlerisch arbeite. Diesmal bereitete ich gleich drei Fotosessions vor, mit drei verschiedenen Modellen. Alle zum Thema „Neue Sachlichkeit“. Mich bedrückte der Krieg zwischen Israel und Gaza und dieser furchtbare terroristische Überfall. Deshalb taufte ich meine drei Serien mit jiddischen Worten. Auch handwerklich gab es ein Novum. Ich fotografierte pro Session nur 24 analoge Bilder. Ich hatte abgelaufene bunte 12er Filme im Kühlschrank, wollte diese anschließend selbst entwickeln. Seitdem ich begann, mit 21 Jahren, zu fotografieren, hatte ich schwarz/weiß-Film fast immer selbst entwickelt. In den letzten Jahren kamen Wet-Plates und meine analogen Papiernegative dazu. Alles jedoch schwarz/weiß. Nun der dringende Wunsch nach eigener Color-C41-Entwicklung. Insgesamt fotografierte ich 6 Filme, zwei je Session. Auf allen Filmen war auch noch nach meiner ersten Entwicklung etwas „drauf“. Nach dem Scannen zeigte ich die Ergebnisse zur Analyse einem handwerklich fotografischen Fachmann. So habe ich noch eine Menge über den Prozess dazugelernt, wie man mit dem Licht bei abgelaufenem Film umgeht, zum Beispiel oder doch mal zu versuchen, mit der Temperatur genauer zu sein. Dennoch. Ich bin ziemlich zufrieden mit den Ergebnissen, wie das Material sich Aufmerksamkeit verschafft, wie das Licht verschluckt wird durch das Alter der Filme, wie ein Film in ein komplettes Rot getaucht wurde. Dennoch: Beim nächsten Entwickeln werde ich alle Hinweise beachten. Denn ich bin ja auch jeden Tag auch selbst Schülerin und möchte niemals damit aufhören!



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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

Antje selbst schreibt, dass ihre Fotografie Ebenen hinter der reinen Darstellung von jemandem sichtbar machen müsse, dass sie erzählen, schockieren, aufrütteln müsse und sich ins Hirn einbrennen solle. Sie wolle aufklärend, richtungsweisend und lebensbestimmend sein. All das kann ich in der Persönlichkeit Antjes genauso erkennen und eben jene Aspekte waren meines Erachtens auch Kernbestandteil dieses Workshops – alles in allem eben einfach absolut intensiv.

Diana Steinert

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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

Es ist wirklich schwierig, die Atmosphäre und das Wesen der Tage in Worte zu fassen …

Anna Schmitt


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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

In meinem Leben gibt es mitunter graue Phasen ohne Nuancierung, Schattierung oder farbliche Komponenten. Das lange Wochenende mit Antje – das sich schon am Freitagabend wie Sonntagabend angefühlt und da schon Suchtfaktor entfaltet hatte – war das genaue Gegenteil. Ich wurde selten mit so viel Herzblut, so viel fotografischer Leidenschaft und technischer Akribie konfrontiert, wie in diesem Workshop. Auch eine gehörige Portion politischer und natürlich kunstgeschichtlicher Bildung gehören zu Antjes Repertoire dazu, was auch die Gespräche zwischen den Fotografiesettings sehr bereichert hat. Ebenfalls hält Antje eine nachhaltige und aufwendige Recherche, hier zu unserem Thema „Neue Sachlichkeit“, in ihrem künstlerischen Schaffen für unabdingbar. Neben Licht- und kompositorischer Arbeit versteht sie es, ihre Teilnehmer*innen auch psychologisch zu eruieren, vielleicht sogar etwas auseinanderzunehmen, aber alles im Sinne der Kunst, alles für das eine herausstechende Foto. Wir wurden aufgefordert, auch unsere Modelle genauestens unter die Lupe zu nehmen, ihnen tiefschürfende Fragen zu stellen und so einen einzigartigen Zugang zu ihnen, den Menschen vor der Kamera, zu bekommen. Ich persönlich fand es herausfordernd, eine tiefere Verbindung zu den Modellen herzustellen und mir gelang auch das spielerische Moment nicht so leicht. Dennoch oder gerade deswegen habe ich wertvolle Kritik – die gnadenlos geäußert wurde – in meinem Workshoprucksack mit nach Hause nehmen können; Kritik, die mich als Menschen insgesamt reifen lässt und mir im künstlerischen Bereich mindestens genauso weiterhilft.

Ich empfand Antjes Workshop gewissermaßen als eine Zeitenwende. In mir hat sich viel gedreht und ich bin gespannt darauf, was sich mit diesem neu erlernten – technischen wie psychologischen – Werkzeug noch drehen wird.

Diana Steinert

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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese

Der Intensiv-Fotoworkshop Portrait bei Antje ist weit mehr als nur ein Wissenstransfer, um am Ende ’nur‘ eine gute Aufnahme präsentieren zu können. Es ist eine spannende Reise in die eigene Innenwelt – eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst, dem Fotomotiv und der Fotografiekunst, um die Fähigkeit zu entwickeln, ein ausdrucksstarkes, authentisches Porträt zu erschaffen. Die Komposition des Bildes, das Licht, die Vision, das gesamte Fotografiehandwerk werden ‚maßgeschneidert‘ an die Teilnehmer vermittelt.

Es gab so einige Aha-Momente! 

Die Begrenzung auf eine sehr kleine Gruppe pro Workshop ermöglicht einen extrem intensiven, individuellen Austausch mit Antje. Professionell vorbereitete Inhalte, gepaart mit dem unerschöpflichen Fundus an Antjes Wissen, Erfahrung und Kreativität, ergeben eine unschlagbare Mischung, die den Workshop so wertvoll, spannend und unheimlich aufregend gemacht hat. Es war für mich definitiv ein Highlight des Jahres. Ich freue mich auf weitere, zweifellos interessante Workshops bei Dir liebste Antje. Danke.

Anna Schmitt


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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese


INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT - die Nachlese
INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Diana Steinert
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Diana Steinert
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Diana Steinert
INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT - die Nachlese
INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Diana Steinert
INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT - die Nachlese
INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Diana Steinert
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Anna Schmitt
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Anna Schmitt
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Anna Schmitt
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Anna Schmitt
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INTENSIV-FOTOWORKSHOP PORTRAIT – die Nachlese // Foto: Anna Schmitt

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