HERmetICA
Posted by Antje Kröger Photographie on Jul 08 2022, in Mensch
“Wie heißt denn deine Puppe?”
Einfache Frage.
Die Antwort für mich selbst ernüchternd.
“Sie hat keinen Namen.” Danach Schweigen. Ich überlege.
War das schon immer so? Meine längste Begleiterin im Leben eine “madame without a name”?
In meinem Schlafzimmer sitzt noch eine original DDR-Babypuppe, nur ein paar Jahre jünger als der Lockenkopf. Ich weiß noch, sie kam an einem Weihnachtsfeste zu mir. Wie das Jesuskind. Sie blieb immer namenlos, auch. Vielleicht nannte ich sie “Baby”.
Wir warten vor dem Zentrum Warenhaus der Kreisstadt. Oma und ich. 40 Jahre alt ist dieser Augenblick. Das Leuchten des vergrauten Gebäudes spiegelt in meinen Kinderaugen. Schlaraffenland vor mir. Die Spielzeugabteilung im zweiten Stock. An Omas Hand stehe ich artig auf den fahrenden Stufen der Rolltreppe. Gibt es einen Anlass für meine Vorfreude? Wahrscheinlich nicht. Ich genieße alle Momente zusammen mit der Großmama. Sie kann neue Räume schaffen für mich, ohne ein Wimpernzucken, sie liebt ohne Bedingung und sie läßt niemals eine Hand los, die noch nicht genug gegessen hatte!
An diesem speziellen Tag gibt es für das kleine Menschen-Mädchen an Omas Hand ein Mädchen-Puppen-Geschenk. Beide Körper, einer aus Plastik, einer aus Fleisch sind gleich groß oder gleich klein. Naja, ungefähr zumindest. Stolz trage ich mein Geschenk in Omas Haus. Ich trenne mich niemals von dieser, meiner ersten Puppe. Aber einen Namen gebe ich ihr wohl nie. Sie bekommt neue Anziehsachen, meist gestrickt oder gehäkelt von Omama, ich kämme ihren Wuschelkopf und erzähle ihr Gute-Nacht-Geschichten.
Ich schaue mich um. Nichts, was mir nichtmenschlich lieb ist, hat einen Namen. Wirklich nichts. Gar nichts. Die Dinge bleiben Ding. Auf ewig. Meine Verbundenheit frei von einer Namensvergabe. Nur ich, ich wollte als Mädchen zweimal meinen Namen wechseln, Sandra und Jennifer wollte ich heißen. The power of music.