KÖRPER – LEBEN – KUNST
Posted by Antje Kröger Photographie on Jul 16 2022, in Mensch
Alles beginnt mit dem, was nicht zu sehen ist. Was zu sehen ist, sieht jeder. Auf Blick Nummer Eins. Wer wahres Interesse hegt, der blickt tiefer. Spätestens mit Blick Nummer Zwei. Ihm oder ihr offenbart sich das, was ich andeute, manchmal auch deutlich mache. Es geht mir um eine Sichtbarmachung für diejenigen, die imstande sind, tiefer zu blicken.
Das ästhetische Auge ist meine Magnetnadel im Kompass für das Leben. Die Sicht mag trübe sein, doch der Blick sieht klar. Ich folge dem, was ich „sehe“, es offenbart sich meinem Auge ganz. Leben und Körper, beider Zusammenspiel, das ist die Essenz, aus der meine Kunst erwächst, Triebe entwickelt und sprießt. Jeder Körper hat seine Geheimnisse, sein Wunden, seine Fehler. Jeder Körper versucht, all das zu verstecken, zu beseitigen, zu schönen. Jeder Körper ist einzig, endlich, ehrlich. Als fotografische Künstlerin zeige ich den Alltagsgegenstand Körper als Kunststück. Jeder Körper ist menschengemachte Kunst. Meine Kunst ist, in diesen mir fremden Körper zu gleiten, dort zu sehen/fühlen/spüren, was ihm innewohnt an verborgenem, verbogenem, vergorenem. Mit dem Körper hält das Leben in meine Kunst Einzug. Denn das Leben ist das, was den Körper benutzt, zeichnet, formt. Das Leben belebt. Das Leben erlebt. Das Leben überlebt. Aber auch zusammensinken kann, verdorren kann, kämpfen kann – ES. Kämpfen um das Leben, kämpfen für das Leben, kämpfen mit dem Leben. Ein Ring entsteht. KÖRPER – LEBEN – KUNST. Er umfriedet die Grenzenlosigkeit dieses Triumvirats.
Inspiration ist Berührung. Je tiefer umso besser. Inspiration ist Findung. Die Wachsame stößt auf Inspiration. Inspiration ist Erfahrung. Die Geschichte ist eine einzige Inspiration. Inspiration ist Arbeit. Stetes Erkennen von Themen und Sujets auf allen Wegen. Inspiration ist Offenheit. Nichts was meiner Wege kommt, wird abgewiesen. Alles wird eingesogen, verarbeitet und verwertet – ausgeatmet, ausgespuckt. Und was gerade nicht in Frage kommt, beiseite gelegt bis seine Zeit herangereift.
Die Zusammenarbeit beginnt lange vor der ersten Pose. Ein intensives Kennenlernen ist Voraussetzung für alles Weitere. Ich erkunde den Menschen, höre zu, schaue an, beobachte. Wer bist du, Mensch? Mein Interesse öffnet das Tor. Wenn der Mensch bereit ist, es zu durchschreiten; das kann durchaus schwer sein, werde ich „sehen“, vielleicht sogar erkennen. Dann ist das Fotografieren wie eine Séance. Mensch, Fotoapparatur und ich entwickeln einen Fluss, an dessen Ende Kunst entsteht, die bewegt. Aus Zusammenarbeit wird Zusammenspiel.
Ich fordere meine Modelle! Ich will Intensität, Glaubwürdigkeit, Haltung. Ich akzeptiere ihre Schwächen, aber kein Getue und Gehabe. Ich verlange Konzentration, Mitdenken, Auffassungsgabe. Ich lasse Raum für eigene Interpretationen und Auslegungen im Rahmen meiner Kunst. Ich fordere Resistenz, Resilienz, Resonanz. All das kann ich deshalb verlangen, weil ich bereit bin, Selbiges auch vor und hinter der Kamera zu leisten.
Meine Themen kommen aus mir! Anders geht das nicht. Die Begleiter auf dem Weg meines Lebens verarbeite ich immer irgendwie künstlerisch. Sie waren schon in mir angelegt, überkamen mich in frühester Jugend oder kreuzten meine Bahnen später. Aber immer sind sie ein Konglomerat aus Gefühlen, Ansichten und Ideen. Teilweise trage ich diese lange in mir, wälze und forme sie. Manchmal aber müssen sie auch roh und ungefiltert raus, ungedacht & ungemacht.
Text: Tobias Crain