Analoge Papiernegative aus der Großformatkamera
Posted by Antje Kröger Photographie on Jul 18 2023, in Mensch, Workshop
Meine Großformatkamera heißt: Studiokamera Mentor (13 x 18 cm) und wurde zwischen 1966 und 1970 in der DDR hergestellt. Mit ihr fotografiere ich direkt auf analogem Fotopapier. Diese Kamera war und ist im wahrsten Sinne meine Mentorin. Hat mich gelehrt, mich zum Schwitzen gebracht, mich immer wieder dazu gezwungen, regelmäßig zu üben. Eine fantastische Lehrerin, die Kamera, ich eine wissbegierige Schülerin!
Angefangen, analog zu fotografieren, habe ich vor mittlerweile 26, s e c h s und z w a n z i g (puh) Jahren. Damals wollte ich noch Journalistin werden und sein. Die Redaktion, in der ich arbeitete, war so klein, dass es keine Fotograf*innen gab. Musste also jeder und jede selbst ran. In meinem Zeugnis von damals steht: „Antje verbrachte die meiste Zeit in der Dunkelkammer!“ Das ist heute wieder ähnlich. Die digitale Fotografie interessiert mich nur am Rande, zum Beispiel, wenn ich Remixe aus „analog und digital“ erzeuge oder in der Auftragsarbeit. Ansonsten arbeite ich mithilfe sehr vieler analoger Prozesse. Selbst nenne mich selbst Künstlerin. Denn der und mein Kreativer Moment steht über allem. Ich mag nichts ohne Aussagen, ohne Aufgaben, ohne Ansagen.
Was sind denn eigentlich „Papiernegative“?
Normalerweise wird die Kassette der Großformatkamera mit Planfilm (Negativmaterial) oder Glas- oder Aluplatten mit lichtsensibler Schicht (Wetplate) beladen. Beide Verfahren sind teuer und/oder ganz schön umweltfeindlich. Deswegen lade ich die Kassetten meiner geliebten Mentor-Großformat-Kamera
direkt mit Fotopapier und fotografiere so meine künstlerischen Serien und Porträts. Später, nach der Trocknung der Negative, scanne ich die Negative mit einem hochwertigen Fotoscanner ein und retuschiere sie wie bei allen anderen Prozessen auch. Mein Fotopapier ist aus ganz Europa zu mir gekommen, die Dunkelkammer ist voll mit den verschiedensten Schachteln. Manche Papiere haben 50 oder 60 Jahre auf dem Buckel.Was mag ich an diesem Prozess?
Der Prozess ist langsam. Ich muss das Licht schätzen. Viel probieren. Mich überraschen lassen. Ich sehe auf der Mattscheibe mein Bild kopfüber und seitenverkehrt. Mit der Lupe stelle ich scharf. Der Mensch vor der Kamera muss sehr still halten. Das Material ist immer anders. Die Material-Fehler machen jedes Blatt anders charmant. In der Dunkelkammer kann ich zusammen mit dem Mensch, den ich fotografiert habe, zuschauen, wie sich das Bild entwickelt. So ist dies eine Art „Sofortbildverfahren“.
Slow Händwörk in de Atteljäh änd in de Dunkälkammer! Jeder Auswurf ein Artefakt, gezeichnet von Rissen, Schattierungen und Unschärfen. Unwägbarkeiten, die dem Bildschaffenden die Kontrolle nehmen, dafür dem Ergebnis im ungeübtem und unfreiem Auge Fehlerhaftigkeit, dem weitem Blickfeld aber Interpretationsfreiraum und Anziehung schenken. Das Material benötigt ähnliche Aufmerksamkeit wie Sujet, Komposition und Licht. All dies in Einklang zu bringen, ist ein langsamer Lernprozess, bei dem Geduld und ein sich Einlassen auf den Entstehungsprozess, einen Mehrklang erzeugen können, der länger nachhallt. Der Reiz des Schroffen, die Wendungen, die zu beeinflussen nur begrenzt möglich sind, die Fragen des Uneindeutigen.
Ich werde einen Workshop für die Arbeit mit der Großformatkamera und das Anfertigen von Papiernegativen anbieten!
FOTOWORKSHOP: Mensch, Material, Moment // ANALOGE Papiernegative of Kreativität