Antje Kröger | Fotokünstlerin

Harmonie des Übergangs

Posted by on Apr 08 2023, in Mensch

wechseljahre der frau_analoge fotografie

Die Melodie der Veränderung


Seit einem Jahr (zirka) fotografiere ich mit analogen Großformatkameras auf Papier. Direkt. Ohne Umschweife. Analog. Wetplates, die ich vorher anfertigte, waren mir zu teuer, zu umständlich, zu langsam, zu umweltbelastend! Nun entstehen Negative auf Papier in verschiedenen Formaten. Nach dem Fotografieren, Entwickeln und Trocknen, scanne ich diese, um sie in Positive zu transformieren. In meiner Dunkelkammer haben sich in den letzten Jahren und sogar Jahrzehnten viele, viele Packungen Fotopapier angesammelt. Diese benutze ich jetzt. Sie kommen aus ganz Europa und viele haben sogar noch andere politische Systeme erlebt. Es macht wirklich große Freude, die Verschiedenheit des Materials zu beobachten und sich immer wieder überraschen zu lassen. Licht, Chemie und Papier machen letztendlich, was sie wollen. Ich halte sie zusammen mit dem Marmor vor meiner Kamera im Zaum, aber freue mich natürlich auch über jegliche Überraschung.


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Harmonie des Übergangs

Der Wechsel der Jahre. Immer, wenn wir uns begegnen, ist eine Zeit vergangen. Das bringt Zeit so mit sich. Nichts bleibt. Alles im Fluss, das wusste schon Heraklit. Nur haben wir so eine Angewohnheit als Spezies, nach hinten oder vorne zu schauen. Wir treffen aufeinander. Und sprechen über das Damals bis zum Jetzt. Und das wieder und wieder. Mit allen Beteiligten unseres Lebens. So entsteht ein Denken und Fühlen und Leben in Phasen. Alles wird in Phasen betrachtet, bemessen und bewertet. Kaum ist das Sein im Jetzt möglich. Und auch nicht zu verstehen, wahrscheinlich.

Die Lebensphasen eines Erwachsenen. Immer in Siebener-Schritten. Nach Lievegoed. Erst Sturm und Drang (nach Schiller?), dann die organisatorische Phase, gefolgt von der Selbstkritik und ihrer Phase, dann die Krise der Lebensmitte (gleich zweimal Krise hintereinander, angeblich vierzehn krisensische Jahre, herjeh), darauf folgt die Synthese, bevor Mensch endlich weise wird. Uns Frauen in den 40er Jahren wird also diktiert, natürlich von einem Mann, wir seien in der Mitte und in einer Krise. (Ja, ich weiß, der Lievegoed hat die Phasen gar nicht in männlich und weiblich unterteilt.) Gut. Wir sind gerade allesamt in einer Krise und die ist auch ganz schön groß. Klima und so. Aber persönlich und subjektiv empfinde ich heute genauso viel Krise wie mit 5, 16, 22, 35 Jahren … Sogar die Themen sind ähnlich. Ist so ein Wechsel der Phasen des Lebens ein theoretisches Konstrukt oder findet dieser auch wirklich statt? Gut. Der Körper verändert sich. Hormone schießen unterschiedlich schnell und in unterschiedlicher Dimension durch das Sein. Geschenkt. Neulich lief ich durch meine Wohnung und dachte so: ‚Verrückt, dass das hier meine Wohnung ist. Wie schaffe ich es nur, mich um all das zu kümmern?‘ Ich fühle das Alter wenig, nur wenn es mir gespiegelt wird, betrachte ich mich im Spiegel und sehe Augenringe, Falten und schlaffes Gewebe. Werden die Haare dünner? Die Zähne gelber? Die Knie noch schmerzhafter? Wird meine Lust, in den Club zu gehen, weniger? Höre ich meine Musik leiser? Lache ich weniger? Wie ist das mit dem Blick auf Schönheit, Utopie, Sexualität? Auf den Blick als Frau, weit ab von Gebärmaschine und Mutter der Nation? Ich mag grundsätzlich Wechsel. Sie erzeugen Spannung und Kontraste. Aber jede Phase, jede 7-Jahres-Spanne, bringt uns dem Ende näher. Mag ich auch das, das ENDE?


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