Schwimmen oder Tauchen?
Posted by Antje Kröger Photographie on Jan. 04 2015, in Mensch
Das gut gefügte Gehirn, wie Descartes es versteht, ist eines, das mit Erschütterungen durch das Erhabene umzugehen weiß. Es hält die sprachlichen Sensationen aus, so wie ein echter Cineast noch die aufwühlendsten Bilder auf der Kinoleinwand verarbeiten kann. Das hat nichts mit Abstumpfung zu tun, sondern im Gegenteil mit ästhetischer Erziehung. Aber ein gewisser Anteil von seelischer Begabung gehört auch dazu. Es gibt auch im Leser ein Talent und eine Charakterstärke, die vonnöten sind, um Poesie auszuloten und zu ertragen. Zu Descartes’ Zeiten waren es eben Verse, die die Seele in einen Taumel versetzen konnten, es war Lektüre, die aufputschte, das barocke oder antike Drama mit seinen heißen Stellen. Heute braucht es ein gut gefügtes Gehirn, um der schrecklichen Medien- und Kinobilder Herr zu werden und nicht in Depressionen zu versinken angesichts des täglichen Beschusses mit Photographie und Television, dieser Pornographie des Realen.
aus Michael Eskin, Tauchen mit Descartes, Gespräch mit Durs Grünbein
WEITERE “ Wasser “ – Serien:
Comments
Trackbacks and Pingbacks
Philosofische
[…] Schwimmen oder Tauchen? […]