Antje Kröger | Fotokünstlerin

Regung und Absicht

Posted by on Sep 22 2016, in Mensch

Aktfotografie Antje Kroeger

„1. Januar 1933; A: Berlin, E: Berlin, masch. (Augsb.)

Liebe Helli,
ich schreibe, statt zu sprechen, weil das leichter ist, gegen das Sprechen habe ich eine solche Abneigung, das ist immer ein Kämpfen. Für gewöhnlich ist es bei uns so: aus kleinen psychischen Verstimmungen, die viele Ursachen haben können und meist unaufklärbar sind, teils Mißverständnisse zur Ursache haben, teils nur die Müdigkeit oder Gereiztheit, die durch die Arbeit, also von außerhalb kommt, entsteht dann eine große undurchdringliche Verstimmung. Ich komme dann nicht heraus aus einem unlustigen und sicher quälenden Ton und Du machst abweisende oder tragische Gesichter. Ich habe nun oft gemeint, man sollte sich bemühen, das Körperliche nicht nach dem Psychischen zu richten, da es die naivere und unbelastetere Verständigung ergibt. Und auch ist es fast immer ein Mißverständnis, wenn man das Körperliche (wenn einmal etwas nicht klappt) als Ursache nimmt. Ich weiß von mir, daß ich Dir immer nah stehe darin, auch über Verstimmungen hinweg, auch während derselben. Wenn es nicht so scheint, vergiß nicht, ich lebe gerade (und meistens) in schwieriger Arbeit und schon dadurch ohne rechte Möglichkeit, mimisch usw. mich auszudrücken, und fürchte Privatkonflikte, Szenen usw., die mich sehr erschöpfen. Nicht aber lebe ich ausschweifend. Davon ist keine Rede. Ich weiß, daß fast alle Leute darauf bestehen, den Tag ihrer Geburt ausdrücklich zu feiern, wenn sie gehen, sich ausdrücklich zu verabschieden (auch wenn es nur für Stunden ist), wenn sie kommen, sich ausdrücklich zu begrüßen, wenn sie sterben, ausdrücklich letzte Worte zu sprechen, wenn sie etwas auf dem Herzen haben, es sich ausdrücklich vom Herzen zu reden, wenn sie fröhlich sind, es zu betonen, ebenso wenn sie mißgestimmt sind, kurz, alles ausdrücklich zu erledigen, in Worten festzuhalten, Punkte zu setzen, neue Sätze mit großen Buchstaben anzufangen – auch wenn sie wissen, daß es gar nicht in ihrem Interesse noch Wunsch liegt, etwas wirklich zu verändern. Es ist so allgemein, daß man es wirklich nicht jemand vorwerfen kann, wenn er das gewohnt ist, aber anders wäre es viel angenehmer. Was meinst Du?
b.“
»ich lerne:
gläser + tassen spülen«
Bertolt Brecht
Helene Weigel
Briefe
1923-1956

Aktfotografie Antje Kroeger

Regung und Absicht

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