CAMERA OBSCURA
Posted by Antje Kröger Photographie on Nov 29 2018, in Mensch
Nur durch ein einziges, winziges Loch dringt Sonnenlicht herein, die Jalousie scheint um das Loch herum fast zu glühen, und auf der Zimmerwand schwebt sacht ein auf den Kopf gestelltes Bild. Eine mächtige Eiche, Pappeln, ein Park. Nahes Glockengeläut ist zu hören, die letzten Schläge.
Und da ist eine Stimme.
»Was ist das?«
Und da ist eine andere Stimme.
»Ich weiß es nicht.«
Und da ist eine Stimme.
»Wo bin ich?«
Und da ist eine andere Stimme.
»Ich weiß es nicht.«
Es ist, als wäre in der Dunkelheit das Scheppern von Geschirr zu vernehmen und jenseits dieser lautlosen Stille, in der nur dieses kleine Bild schwebt, das Zwitschern und Piepsen von Spatzen. Dann knarrt ein Bett, eine Decke raschelt, etwas fällt zu Boden, ein Stuhl kippt um. Schritte, suchende, tastende Geräusche, immer heftiger werdend.
»Ich muß doch irgendwohin kommen oder auf irgendetwas stoßen.«
Ein Frauenkörper klatscht gegen das schwebende Bild, tastet sich über die Wand.
»Ich sehe, wohin ich müßte. Aber es ist unerreichbar, wohin ich will. Entweder bin ich gestorben oder wahnsinnig geworden. Ich habe es, da ist es.«
CAMERA OBSCURA, PÉTER NÁDAS, SCHÖNE GESCHICHTE DER FOTOGRAFIE