Antje Kröger | Fotokünstlerin

VERDAMMT SCHWER!?

Posted by on Aug 01 2020, in Mensch

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Unser Kampf gegen die Kilos, VOX


Über ein Jahr ist es nun schon her, dass mich ein Zug von Leipzig nach Köln brachte, um dort Menschen zu fotografieren, die sich von Fernsehkameras dabei begleiten liessen, den Kampf „gegen“ ihre Körper zu dokumentieren. Schon viele Wochen vorher bekam ich diese Anfrage von der Produktionsfirma. Meine erste Reaktion war: Nein, das will ich nicht. Aber, eine wunderbare und geduldige Redakteurin überredete mich. Zum Glück. Diese Tage und Nächte in Köln waren herausfordernd, stressig, besonders, krass , ambivalent und vor allem aufregend – und für mich ganz schön hungrig. Denn ich hatte beschlossen, ein paar Tage vor dem Fotografieren der FÜNF Protagonist*innen dieses Fernsehformats (eigentlich sind es sechs, aber eine Dame war am Tag des Fotografierens nicht zugegen), das erste Fasten meines Lebens zu beginnen. Mitten im Juli. Und es gab weitere Hürden: ein fremdes Atelier, fünf Menschen, von denen ich keinen blassen Schimmer hatte, die ich aber fotografieren sollte, Kameras überall, Redakteurinnen, Produktionsleiter und und und… Die Bewegtbildkameras war ich ja bereits gewohnt von einer anderen Produktion, die ich seit einiger Zeit begleitete. Aber so viele Menschen, die sich schon kannten, und ich die einzige neue Größe im Spiel, das war neu. Und wer meine Arbeitsweise kennt, der weiß, dass bevor ich überhaupt daran denke, eine Kamera in die Hand zu nehmen, ich stundenlang kommuniziere, erzähle, hinterfrage. Ich brauche diese Bindung zu den Menschen, die vor meiner Kamera agieren wollen/sollen/dürfen. Das war an diesem Tag in Köln nicht möglich. Trotzdem bekam ich Raum für Gespräch, aber eben keine Stunden, sondern Minuten. Zeit ist Geld. Jedenfalls für die Chefs von Produktionsfirmen. Für mich ist Zeit wertvoll, Zeit ist Zauber, Zeit ist ein Schlüssel, Zeit bindet, Zeit ist kein Fenster!

Beim Kennenlernen musste ich mich sehr konzentrieren. Fünf Lebensgeschichten im Telegrammstil. Puh. Eine spannender als die andere. Und dann waren alle Bald-vor-Antjes-Kamera-Stehende-oder-Sitzende natürlich aufgeregt. Ja. Es ist schnell gesagt: Wir wünschen uns ein Aktshooting. Wenn es auf einmal so weit ist, wird schon bei dem ein oder anderen die Luft knapp… Aber wie überraschend, für mich. Alle waren füreinander da. Die Gruppe war nicht nur hochemotional, sondern auch ein dickes Brett der Fürsorge. Es flossen Tränen über Tränen. Aber nach jeder vergossenen Träne waren da Arme und wohligwarme Sommerkörper, die drückten und Halt gaben. Das war zum Dahinschmelzen. Selbst lachte ich viel. Wollte damit helfen, die Tragik, die diese Menschen mit ihren Körpern verbinden, für ein paar Momente zu vergessen. Aber die Blicke in die Spiegel, die ich im Raum aufgestellt hatte, brachten sie meist wieder zurück, diese böse Tragik. Ich möchte die einzelnen (Lebens)Geschichten nicht erzählen, wer sich dafür interessiert, der klicke den Link unten und schaue die drei Teile von jeweils 90 Minuten bei TV NOW oder montags 22.15 Uhr auf VOX. Im ersten Teil (der bereits ausgestrahlt wurde) hatte ich meinen Auftritt. Nur ein wenig Senf zum Thema geben möchte ich noch geben, meine ganz eigne subjektive Meinung zum Format. Nicht mehr, nicht weniger. Wahrscheinlich wird dies im Podcast der Antipösen Stücke in den kommenden Wochen noch sehr viel mehr besprochen…(unsere Sommerpause endet ganzganz bald!)

Schade, dass die Sendung im Fernsehen erst 22.15 Uhr ausgestrahlt wurde und wird, ein Nischenthema wird uns so suggeriert, das ja keine Nische ist, schauen wir uns die Zahlen adipöser Menschen an. Jedes Leben ist wertvoll und zu respektieren, ich finde es schade, dass bei bestimmten „Randgruppen“ die Mitleidskeule geschwungen wird. Oder zumindest fühle ich es so. Ich selbst bin fettleibig. Dennoch hat mich das nie davon abgehalten, ein gutes Leben zu führen. Mir alles zu erarbeiten, worauf ich Lust hatte. Mitleid brauchte ich keines und auch keine Hilfe. Immer wollte ich selbst herausfinden, warum ich diese Kilos brauch(t)e für mein Leben, welchen Sinn sie machen…denn ich bin mir sicher, die Kilos haben meist eine Aufgabe. Für jeden natürlich sehr individuell. Als ich in die Runde fragte: Warum wollt ihr abnehmen?, war die Antwort fast immer, …“weil ich sonst nicht mehr lange lebe“. Das hat mich erschüttert. Auch mir sagte das einst ein Medizinstudent, das war vor mehr als 15 Jahren. Ich lebe noch immer, und auch ziemlich gut…

Den Satz auf der Seite von VOX finde ich krass und reißerisch: „Für jeden von ihnen ist das die letzte Chance auf ein gesundes Leben.“ Wer sagt, was gesund ist? Wer bestimmt, was lebenswert ist usw.? Die Auswahl der Protagonist*innen ist mir zu eindimensional und zu effekthascherisch oder sogar effektsicher. Typisch privates Fernsehen, würde ich schnell herausrufen, wenn ich nicht selbst bei der Produktion anwesend gewesen wäre… Aber zufriedene, nicht abnehmen wollende Dicke fehlen in diesem Format leider. Und die gibt es eben auch! Jetzt habe ich lange gesprochen, nein geschrieben, dabei wollte ich doch nur die Fotos zeigen, die an diesem Tag entstanden sind, ich liebe sie alle. Auch wenn einige ihr Foto nicht so gerne mögen, es ist eine Momentaufnahme. Und vielleicht sehen heute im August 2020 einige Körper ja anders aus? Ich verrate es Euch nicht. Denn ich fände es gut, wenn ihr die Doku schaut und Eure Meinung dazu bildet. P.S. Das Wort Starfotografin habe nicht ich ins Spiel gebracht. Ich schwöre. Aber nun ganz wirklich die Fotos*


https://www.tvnow.de/serien/verdammt-schwer-unser-kampf-gegen-die-kilos-18828


ALEX

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DANIEL

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LISA

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MARK

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ALIAYAH

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Comments

  • Katharina-Sophie Hautmann

    Wahnsinnig tolle Fotos und toller Text dazu. Ich sehe die Menschen vor der Kamera und dich sehe ich auch. Ich freu mich auf die Podcastfolge! :)
    Liebst Kathi

  • Ingo Hübner

    Leider kann ich mich nicht so kurtzfassen wie Katharina-Sophie Hautmann. Für sie scheinen die Fotos und Texte über die Fettleibigkeit etwas erstrebenswertes zu sein. Ich glaube eher ,dass alle davon betroffenen eher todunglücklich sind. Dass Antje das Problem zum Thema ihrer fotografischen Arbeit macht, ist eher eine Krücke auf die sie sich stützt und um mit gleichgesinnten Kontakt zu finden. Anfangs sah ich nur die fotografische Arbeit von Antsche. Konnte das Problem Adipositas (hab ich das richtig geschrieben?) nicht so deutlich erkennen, jetzt, nach der Bildreihe „VERDAMMT SCHWER“ wird es mir erst klar und meine Emutionen zerbrechen mir fast den Verstand.Die Tränen, die ich jetzt vergiesse, sind mir nicht unangenehm.

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