Blitzelchen
Posted by Antje Kröger Photographie on Apr. 17 2025, in Mensch

Wir hatten ein Date, weil ich es so wollte.
Das schrieb ich dir auch genauso,
in kurzen Sätzen,
plus einer Beschreibung,
wie du mich finden würdest.
Welche Kräfte vorher gewirkt hatten,
weiß ich nicht genau.
Aber ich ahne es.
Ich wollte keine Blumen von dir
als Willkommensgruß,
sondern Kuchen zum frisch gebrühten Kaffee
(und du trankst eine Menge davon!).
Als du ankamst, warst du so schüchtern,
so zuvorkommend,
so rücksichtsvoll.
Das mochte ich.
Dein leises Ankommen in meiner lauten Welt,
unser laut-leises Zusammenkommen.
Wir hatten Zeit dafür.
Als ich das Papier vom Kuchen entfernt hatte,
musste ich lächeln.
Erdbeeren und Quark.
Rot und Weiß.
Dazu der schwarze Kaffee.
Das Triumvirat der Farben und des Geschmacks.
Ich erzählte dir von meinem Abschied (gerade),
du von deinem Ankommen in Deutschland (damals).
Wir saßen inmitten meiner gepackten Kisten,
unzähligen,
viel zu vielen.
Alles zu viel.
Zu viele Dinge,
zu viele Menschen,
zu viel aufs Handy starren,
zu viel Essen,
zu viel Trinken,
zu viel Rauchen,
zu viel Sein.
Du kamst mit einem Rucksack und einem Koffer.
Ich fragte nach dem Inhalt.
Du berichtetest von Mutter und Vater.
Die Vater-Geschichte aufwühlend,
schmerzhaft,
fremd;
die Mutter-Geschichte spannend,
noch im Verlauf.
Wir steuerten gemeinsam in moral-philosophische Grundsatzdebatten
und hatten Fragen an uns,
die wir nicht beantworten konnten.
Ich zeigte dir lieber meinen Raum,
um uns Luft zu verschaffen.
So post-sowjetisch,
fandest du.
Wie du selbst.
Du, post-sowjetischer Junge des Kaukasus.












Ich fragte dich,
was Paillette auf Russisch heißt.
Du sagtest ein Wort,
das ich schnell wieder vergaß.
Ich vergaß jedoch nicht:
Blitzelchen.
Zurück übersetzt aus deiner Sprache in meine.
Blitzelchen.
Poetisch.
Fotografisch.
Lichtdurchflutet.
Du fühltest dich wie Peter Pan,
ich sah den Seejungmann in dir.
Als du in die tiefe Abendsonne starrtest,
kullerte eine Träne aus deinem rechten Auge.
Junge aus dem Kaukasus.
Starker Körper, weiches Sein.
Getrieben durch das Wollen.
Auf der Suche.
Nach dem roten Faden,
denn in deinen Adern fließt die Farbe des Wassers.










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