IDEAL (flüchtig . vergänglich . endlich .)
Posted by Antje Kröger Photographie on Apr. 21 2025, in Mensch

Es gibt nur noch wenige Lichtquellen in ihrer Behausung. Das Licht ihrer gemeinsamen Treffen ist ein rotes. Es wirft Schatten an die Wände. Neue Treffen, neue Schatten. Er war schon einmal bei ihr. Das ist sehr lange her. Sie erinnert sich kaum daran. Mehr als ein Jahrzehnt war vergangen. Jetzt kommt er wieder – zu ihr, in jeder Begegnung, nach jeder Begegnung. Sie reden nicht viel. Ihre Worte sind kindlich, seine die eines Erwachsenen. Dabei ist sie die Ältere. Sie rauchen, genießen den Rausch. Er genießt ihren Körper, sie seine Ausdauer. Er kann nicht genug davon bekommen, sie anzufassen – das feste Fleisch, den Speck, die Wucht. Sie sieht sein Begehren in den blitzenden Augen. Sie schwimmt darin. Es füllt sie aus. Es nährt sie. Es reicht aus. Denn seine Lust an ihr ist voll – voller Licht, voller Komposition, voller Perspektivwechsel. Sie speist sie mit Gier in diesen Zeiten des Umbruchs und der Traurigkeit. Er braucht sie – ihr Anderssein, ihre Sucht nach Freiheit, ihre Empfindsamkeit, ihr „All in“ in jede Situation, die Bühne, die sie ihm bietet. Sie denkt über seine Ambivalenz nach – über sein Einfach-Sein, seine Spießigkeit, sein proletisches Gehabe, seinen derben Humor auf der einen Seite, seine feine Art der Fürsorge, den Sinn für das Schöne, seine Ehrlichkeit auf der anderen. Von Zeit zu Zeit irritiert sie das. Nichts scheint zusammenzupassen. Sie beide schon gar nicht. Und doch hat es noch nie besser gepasst. Ihre Lust auf ihn wird größer und größer, seine Lust immer facettenreicher. Sie wachsen gemeinsam, eine unsichtbare Verbindung – dick, aber elastisch, geschwungen und flexibel. Ihr Band ist mehr rau als glatt, mehr still als laut, obwohl sie manchmal schreien will. Er wird das Land verlassen, erzählte er ihr neulich. Draußen wütete ein Gewitter, der Regen prasselte. Sie versuchte, ihm zuzuhören, dabei war der Rausch noch überall in ihrem Körper und ihrem Kopf. Ihr Sein war irgendwo zwischen den Niagarafällen und Nicaragua. Sie hörte seine Worte. Musste es so kommen? Flüchtig. Vergänglich. Endlich. Die Gedanken im ersten Moment dunkel und schmerzhaft, aber schließlich auch erregend. Das Leben – immer prall, energetisch und in Veränderung. Die Gedanken – immer in Sehnsucht und auf der Suche nach dem Ideal, der Vollkommenheit. Das Sein – immer im Wanken, immer in Veränderung, immer im Versuch und der Versuchung. (Dieses Sein führte dazu, dass ein paar Tage nach Rausch, Licht & Schatten der Spiegel in tausend einzelne Teile zersprang. Sie erschrak!)













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