Antje Kröger | Fotokünstlerin

Wiegetag

Posted by on Apr. 21 2025, in Mensch

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Rauscht der Wind nur leise durch die Wipfel, ist sein Wiegen auch nur ein sanftes Hin und Her. Jagt jedoch der Sturm durch den Hof, wirft er seine Äste und Zweige in einem wilden Tanz in seine Woge. Als sie an diesen Ort kam, war es noch nicht „ihr“ Baum. Damals war er jung, ein Bursche. Er streckte seine Fühler jedoch schon neugierig nach oben aus. Heute, mehrere Jahrzehnte später, ragt er weit über den Ort hinaus. Er steht felsenfest da, durch sein regelmäßiges Wiegen, hin und her. Her und hin. Ein guter Tänzer ist er, mit kräftigen Gliedmaßen. Manchmal stellt sie sich ihm gegenüber. Dann lächelt sie ihn an und bittet ihn zum Tanz. Zusammen wiegen sie sich hin und her, mit weichen Bewegungen. Diese gemeinsamen Wiegetage – sie mit ihrem Baum – waren oft Höhepunkt ihres Sommers.

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Schon in der DDR-Schule, beim DDR-Schularzt, war die Wiegeprozedur eine Tortur. 10k Types Of Torture. (Song von Mule & Man). „10.000 Arten von Torturen. Bleibt mir vom Hals.“ Mensch entkam – und entkommt – mancher Tortur eben dann doch nicht. Ich musste mich damals auf diese verfickte Waage stellen. Nützte nischt. Alle mussten. Für einige von uns Menschenkindern an diesem Wiegetag wurde es zum Thema ihres Lebens. Meines auch. Noch genau weiß ich die Zahlen. Ich war 10 Jahre alt. Ich wog 48 Kilogramm. Ich war ein großes Mädchen. Der Arzt empfand mich als zu schwer. Drei Jahre später wurde ich zu einer Abnehmkur geschickt. Nachdem ich wieder zu Hause war, stellte sich meine Mutter zusammen mit mir vor den Spiegel. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schlankeste Tochter im Land? MEINE. Stolz erfüllte sie. Ich wollte kotzen. Meinen Mutterpanzer würde ich immer brauchen, das wusste ich schon damals. Das Wiegetrauma blieb. Meine erste Hausärztin im Erwachsenenleben wollte bei einem meiner Besuche bei ihr, dass ich mich von der Schwester wiegen lasse. Ich verweigerte. Das schrieb sie in meine Krankenakte. Bis heute sorgt dieser Eintrag für Geschmunzel bei Ärzten und Schwestern. Denn ich verweigerte immer sehr resolut. Niemand sollte mich mehr zwingen zu etwas, das ich nicht will. Ich war schließlich kein Kind mehr, sondern eine Erwachsene mit einem freien Willen und eigener Entscheidungsmacht. Viele Ärzte und Ärztinnen akzeptieren dies, soweit das Wissen um das genaue Gewicht nicht wirklich relevant ist. Augenmaß reicht sowieso meist aus.


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