Antje Kröger | Fotokünstlerin

Armenien Feb*2024: Jerewan – Eriwan, Erewan, Yerevan, Erevan, Երևան (Teil III)

Posted by on Okt. 03 2024, in Mensch, Welt

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Mein Tag mit dem dicken Taxifahrer

Er ist 52 Jahre alt. Arm, zahnlos, mit zwei arbeitslosen Kindern. Er fährt einen Toyota, ein Rechtslenker. Er raucht eine Zigarette nach der anderen. Vor ein paar Tagen hat er mich aufgegabelt, als ich mit dem Zug nach Gjumri fuhr. Ich speicherte seine Telefonnummer in meinem Handy. Heute nehme ich seine Dienste in Anspruch. All die Ziele, die ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichen kann, will ich mit dem Taxi besuchen. Ich plane einen halben Tag ein. Der Zahnlose will 20 Euro. Natürlich kommt er eine halbe Stunde zu spät – ich hatte so eine Vorahnung. Ein wenig nachverhandeln will er auch noch. Ich bitte ihn erst einmal loszufahren. Er löchert mich mit Fragen. Am meisten interessiert ihn mein Zungenpiercing. So etwas habe er noch nie gesehen. Natürlich will er auch wissen, mit wem ich verheiratet bin und wie viele Kinder ich habe. Wieder einmal Zeit, sich eine nette Geschichte auszudenken … Erster Stopp: Komitas Pantheon …


Friedhöfe (գերեզմաններ)

Komitas Pantheon (Կոմիտասի պանթեոն)

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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

Dies ist wirklich einer der schönsten Friedhöfe, die ich je sah. Und ja, ich habe schon viele gesehen. So besonders. So schön. So stimmungsvoll. So voller Geschichten … Zu viele Geschichten. Als ich mit meinen Kameras durch die Gräberreihen laufe, spricht mich eine Frau an. Sie hält einen Zettel in der Hand. Alles, was sie den Gästen erzählen soll, steht darauf – auf Armenisch und auf Englisch. Ich bekomme die englischen Informationen. Das geht so schnell, dass ich mir kaum etwas merken kann. Ich fotografiere einfach die Grabstellen, die ich schön finde, die mich, aus welchem Grund auch immer, anziehen. Aber die Frau lässt nicht locker. Sie möchte, dass ich die Skulptur von Komitas Vardapet streichle und mir etwas wünsche. Ihr Wunsch ist mir Befehl. Der Friedhof ist nach Komitas Vardapet, einem armenischen Priester und Komponisten, benannt. Er wurde 1936 eröffnet. Zahlreiche armenische Persönlichkeiten – Dichter, Maler, Schauspieler, Opernsänger, Sportler und viele mehr – wurden hier beerdigt. Ziemlich kunstvolle Grabsteine zieren ihre Gräber.


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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

Militärfriedhof Yerablur (Եռաբլուր զինվորական գերեզմանատուն)

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Armenien: Jerewan

Hier darf man nicht fotografieren. Gut, dass ich es vorher nicht wusste, so bin ich still und heimlich doch zu ein paar Aufnahmen gekommen. Dieser Friedhof für all die Soldaten, die im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan gefallen sind, liegt auf einem Hügel, etwas abseits der Hauptstraße. Als ich mich dem Friedhof nähere, sehe ich, dass dort gerade eine Beerdigung stattfindet. Ein wild fuchtelnder Mann fordert mich auf, die Kamera in meine Tasche zu stecken. Ich drehe um und versuche mein Glück noch einmal in die andere Richtung, weg von der Beerdigung. Ich erreiche die Gräber. Vor einem steht eine junge Frau und weint. Ich frage, für wen sie ihre Tränen ergießt. Sie erzählt mir von ihrem Schüler. Sein Foto schmückt das Grab. Ich frage, ob ich ein Foto von ihr machen dürfe. Sie nickt… Ich gehe weiter. Und da ist er wieder: der Mann, der mir das Fotografieren verbieten will. Diesmal halte ich mich daran und gehe schnell zurück zum Taxi. (Übrigens habe ich einige Menschen mit Fotoapparaten gesehen. Ich denke, so streng wie der Herr, der es auf mich abgesehen hatte, wird dieses Verbot nicht durchgesetzt!)


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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

Jerewan-See & Zizernakaberd (Երևանի լիճ և Ծիծեռնակաբերդ)

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Armenien: Jerewan

Nach so viel Tod will ich in die Natur. Auf der Karte sah ich am Vorabend einen See mitten in der Stadt. Dachte, es könne eine gute Idee sein, diesen mal anzuschauen und anzuspüren. Die Realität ist leider ernüchternd. Ein Wasser voller Plastik. Dieser Stausee mit Blick auf die amerikanische Botschaft ist nicht diese Art Wasser, die ich als Wälin bevorzuge. Aber es gibt eine schöne Geschichte über dieses Gewässer: „Am 16. September 1976 fuhr ein Oberleitungsbus mit 92 Passagieren an Bord in den See und versank rund 25 Meter vom Ufer entfernt auf zehn Meter Tiefe. Der zufällig während eines Trainings vorbeilaufende damals 22-jährige Scharwasch Karapetjan, ein mehrmaliger Weltmeister im Flossenschwimmen, sprang sofort in den See. Fast ohne Sicht trat er das Rückfenster des Busses ein und rettete so 20 Passagiere, die er an die Luft schleppte.“ (Quelle: Wikipedia)


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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

MEINE VERWÜSTETEN LIEDER

Geboren in einer verwüsteten Stadt,
Ausgestoßen in der Wüste,
Vergessen von den Toten,
Eine unmenschliche Zeit.

Ich sang meine verwüsteten Lieder
Unter Unkraut und Ruinen.
Ich sang sie leiser
Unter Folter und Schmerz.

Ich werde nicht aufhören mit meinem Sterben,
Nicht mit dem Glauben,
Mit dem Zorn nicht.

Jeghische Tscharenz
Größter Dichter des armenischen Volkes und zugleich ein Märtyrer der armenischen Nation
Deutsche Übersetzung: Krikor Melikyan

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Armenien: Jerewan

Zizernakaberd. Die Schwalbenfestung. Dies ist DER Gedenkort für die Opfer des Völkermords an den Armeniern 1915. Dieser Ort ist monumental, still, andächtig. Er wurde zwischen 1966 und 1968 errichtet und besteht aus einem 44 Meter hohen Obelisken, der als Symbol der Teilung des historischen armenischen Siedlungsgebiets der Länge nach gespalten ist, zwölf Pylonen rings um die ewige Flamme und einer einhundert Meter langen Mauer mit den Namen der Städte und Dörfer, in denen die Opfer des Massakers lebten. Außerhalb Armeniens und auch zu Sowjetzeiten war und ist das Thema des Völkermords schwierig und wurde und wird oft mit Schweigen erzählt. Die Beziehung zur Türkei ist für die meisten Armenierinnen und Armenier schwierig bis nicht existent. An diesem Ort ist all das spürbar. Ich bin gerne hier, gehe umher. An den Wasserspendern sitzen zwei Herren, wir kommen ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass einer von ihnen ein berühmter Dichter aus Bergkarabach ist. Er hat blaue Augen und schaut mich an. Er meint, ich könnte auch aus Bergkarabach stammen, mit meinen graublauen Augen. Irgendwo habe ich seinen Namen aufgeschrieben.


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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

Zwischen-Momente (Պահերի միջակայքում) – all das, was sich nicht einsortieren lassen möchte

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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
Und wenn die Stille uns ein Lied singt,
Gestalten sich diese Klänge auf einmal zu Gesten.
Der Krieg ist nun nicht hörbar,
Orchester werden nicht mehr spielen.
Dort, wo der Schrei zu Asche wird,
Und Worte bedeutungslos werden,
Ich höre nicht auf, meine Angst zu vernehmen,
Aber hoffend auf deine Rückkehr.
Und werde dich immerwährend verlieren,
Obgleich wir uns nie Nahe kamen.

Komm her, lass uns aufs Bett schmeißen,
Umarmt Gedanken miteinander teilen.
#nichtlöschbar

Blaue Moschee (Կապույտ մզկիթ)

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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

Jerewan auf Polaroid (Երևանը Polaroid-ում)

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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan
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Armenien: Jerewan

Meine Top 10 – Armenien, Februar 2024

  • 1. Der Aus-Blick aus meinem Zimmer, im neunten Stock des sowjetischen Plattenbunkers, über Jerewan, besonders im Licht der untergehenden Sonne in den frühen Winter-Abendstunden, aus meinem Zimmer schaute ich Richtung Iran, aus der Küche der Wohnung blickte ich in Richtung der Türkei
  • 2. Die Menschen, denen ich begegnete: meine Vermieterinnen Armine plus Mama; das armenische Mädchen, welches von Amerika träumt und mich in den richtigen Bus (Nummer 54) setzte (meine einzige Busfahrt in der verrückten Jerewan-Stadt); Jasmin mit dem Zottelhund; Flüchtling Alexander aus dem Irak, den ich traf, während er die Straßen putzte, früher, in seiner Heimat war er Pilot; die Frau, die mir jedes Grabmal auf dem Komitas-Pantheon persönlich zeigte und mich dazu aufforderte, mir etwas zu wünschen, während ich am Finger von Komitas Vardapet schupperte (leider ging mein Wunsch nicht in Erfüllung); der dicke, rechts-lenkende Taxifahrer mit der platten Nase, welcher mich durch seine Stadt fuhr (natürlich nach meinen Wünschen) … und viele andere interessante und emotionale menschliche Begegnungen
  • 3. Die Wasserfontänen (in Jerewan gibt es über 2000 davon, sie heißen Pulpulak und wurden erfunden von Alexander Tamanjan, in den 1920er Jahren)
  • 4. Das Futter, niemals hätte ich mit so einem bunten Fächer an Geschmackserlebnissen in Armenien gerechnet, süß & salzig, meine Lieblingskombinationen: Pistazien-Tiramisu und Espresso, Schokoladentorte und Wodka, Ramen mit gebackener Aubergine und Cashews und Erdbeerlimonade
  • 5. Die dünne Ararat-Zigarette mit Eduard auf der fünften Plattform der Kaskade von Jerewan, im Hintergrund das Kunstwerk „Three Divers“ von David Martin, unsere Ausschau auf den Berg Ararat, der an diesem Tag nur schwach zu erkennen war, den Stummel meiner Zigarette bewahre ich noch heute im Münzfach meines Portemonnaies auf
  • 6. Die schlafenden Karussells aus vergangenen sowjetischen Zeiten in Jerewan, der Hauptstadt, und Gjumri (knapp drei Zugstunden entfernt, zweitgrößte Stadt Armeniens)
  • 7. Der faszinierende Sewansee (der größte Süßwassersee Armeniens)
  • 8. Die brachiale Sowjet-Architektur Jerewans aus Tuffstein (in pinker Anmutung)
  • 9. Mein Sonntag in Gjumri
  • 10. Der Siegespark mit Riesenrad und „Mutter Armenien“ im Schein der untergehenden Sonne (der Park trägt den Namen im Gedenken an die Teilnahme der armenischen Soldaten der Sowjetunion am Zweiten Weltkrieg)

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