SCHERBENMEHR
Posted by Antje Kröger Photographie on Nov 26 2024, in Mensch
Idee, Auswahl, Retusche: Antje Kröger / Konzept, Fotografie: PT
Da liegen 2.285 Scherben vor ihr, ein Meer aus Glas in ihrem Schoß. So viele Formen, so unterschiedlich große Stücke – manche glatt gebrochen, andere mit scharfem Schliff. Sie hatte jedes Bruchstück mindestens einmal in der Hand, hat an jedem gerochen und geleckt, um es sich schließlich einzuverleiben. Nun ist sie ein Scherbenkörper. Nun ist sie gefüllt mit 2.285 Tagen voller Tat und Drang, voller Wollen, voller Angst, Rausch, Tiefe, Pfeil und Bogen, Kampf, Ruhelosigkeit, voller Vertrauen, Liebe, Wachstum, Sturm, warmem Sommerregen, Spiel und Spaß, Melodien und Rhythmus, voller Arbeit und Reisen, voller Vogelvieh und Wälin-Sein, voller Unruhe, Vermutung, Geheimnis, voller Auflösung und Einsturz, voller Leib und Leiblichkeit, voller Körperlosigkeit, voller Lachen und Tränen, vollem Voll und erdrückendem Schweigen. Sie ist gefüllt wie der Wolf mit den Wackersteinen von den sieben Geißlein. Beschwert. Schwerer als jemals zuvor. Eine Schwere, die nicht von dieser Welt scheint. Ein ganzes Meer in einem Körper. Es wütet, und es ruht. Abwechselnd. Immer in Bewegung. Manche Wellen schlagen so hoch auf, dass sie wieder aus ihrem Mündlein quellen wollen. Mit aller Kraft verschließt sie ihre Lippen, denn sie verwandelt sich gerade in ein Scherben-Monument.
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