Antje Kröger | Fotokünstlerin

Die Jagd

Posted by on Jul 17 2017, in Mensch

Aktfotografie Antje Kröger

Und dann warf er den Speer. Als er ihn losließ, zeichnete sich jeder einzelne Muskel ab. Er stieß einen halb erstickten Schrei der Anstrengung aus (den wir noch tagelang nachahmten), einen Schrei, der den Kern seines Wesens zum Ausdruck brachte: Es war der nackte Schlachtruf des Strebens nach Vortrefflichkeit. Sobald er den Speer losgelassen hatte, tanzte er hüpfend auf der Stelle, um das Gleichgewicht zu bewahren und die Linie, die er mit dem Schuh in den Staub gezogen hatte, nicht zu überschreiten. Und die ganze Zeit sah er dem Speer nach, der in einem perfekten Bogen hoch über das Spielfeld flog. Keiner von uns hatte jemals mit eigenen Augen etwas so Kraftvoll-Schönes gesehen. Der Speer flog und flog und flog, weit über die Fünfzig-Yard-Linie hinaus ins gegnerische Feld, und als er fiel und landete, bohrte sich die Metallspitze durch die Wucht des Fluges schräg in die Erde, und der Schaft bebte noch sekundenlang nach.
Wir jubelten und sprangen in die Luft. Die gesamte Flugbahn des Speers hatte ihren Ursprung in Mr. Cantors geschmeidigen Muskeln. Er war der Körper – er war die Füße, die Beine, das Hinterteil, der Rumpf, die Schultern, die Arme, ja selbst der kräftige Nacken, die allesamt zusammengewirkt und diesen Wurf ermöglicht hatten. Es war, als hätte unser Sportlehrer sich in einen Eingeborenen verwandelt, der auf die Jagd ging, einen Eingeborenen, der mit der Kraft seiner Hände die Wildnis zu zähmen vermochte. Nie hatten wir mehr Ehrfurcht vor jemandem empfunden. Durch ihn hatten wir Jungen die kleine Geschichte unseres Viertels verlassen und waren eingetreten in die historische Saga unseres uralten Geschlechts.
An jenem Nachmittag warf er den Speer noch mehrere Male. Jeder Wurf war elegant und kraftvoll, jeder wurde begleitet von jener durchdringenden Mischung aus Schrei und Stöhnen, und zu unserer Begeisterung flog der Speer jedesmal ein paar Meter weiter als zuvor. Wenn er, den Speer hoch erhoben, anlief, mit dem Wurfarm weit ausholte, ihn über die Schulter nach vorn riss und den Speer wie in einer Explosion losließ, erschien er uns unbesiegbar.

Philip Roth, Nemesis

Aktfotografie Antje Kröger

Die Jagd

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