Antje Kröger | Fotokünstlerin

Das Damals, das Heute

Posted by on Dez 05 2015, in Mensch

Aktfotografie Leipzig Antje Kröger

Wir leben auf einem laufenden Band, und es gibt keine Hoffnung, daß wir uns selber nachholen und einen Augenblick unseres Lebens verbessern können. Wir sind das Damals, auch wenn wir es verwerfen, nicht minder als das Heute –

Die Zeit verwandelt uns nicht.
Sie entfaltet uns nur.

Indem man es nicht verschweigt, sondern aufschreibt, bekennt man sich zu seinem Denken, das bestenfalls für den Augenblick und für den Standort stimmt, da es sich erzeugt. Man rechnet nicht mit der Hoffnung, daß man übermorgen, wenn man das Gegenteil denkt, klüger sei. Man ist, was man ist. Man hält die Feder hin, wie eine Nadel in der Erdbebenwarte, und eigentlich sind nicht wir es, die schreiben; sondern wir werden geschrieben. Schreiben heißt: sich selber lesen. Was selten ein reines Vergnügen ist; man erschrickt auf Schritt und Tritt, man hält sich für einen fröhlichen Gesellen, und wenn man sich zufällig in einer Fensterscheibe sieht, erkennt man, daß man ein Griesgram ist. Und ein Moralist, wenn man sich liest. Es läßt sich nichts machen dagegen. Wir können nur, indem wir den Zickzack unsrer jeweiligen Gedanken bezeugen und sichtbar machen, unser Wesen kennenlernen, seine Wirrnis oder seine heimliche Einheit, sein Unentrinnbares, seine Wahrheit, die wir unmittelbar nicht aussagen können, nicht von einem einzelnen Augenblick aus –.

Die Zeit?
Sie wäre damit nur ein Zaubermittel, das unser Wesen auseinanderzieht und sichtbar macht, indem sie das Leben, das eine Allgegenwart alles Möglichen ist, in ein Nacheinander zerlegt; allein dadurch erscheint es als Verwandlung, und darum drängt es uns immer wieder zur Vermutung, daß die Zeit, das Nacheinander, nicht wesentlich ist, sondern scheinbar, ein Hilfsmittel unsrer Vorstellung, eine Abwicklung, die uns nacheinander zeigt, was eigentlich ein Ineinander ist, ein Zugleich, das wir allerdings als solches nicht wahrnehmen können, so wenig wie die Farben des Lichtes, wenn sein Strahl nicht gebrochen und zerlegt ist.

Unser Bewußtsein als das brechende Prisma, das unser Leben in ein Nacheinander zerlegt, und der Traum als die andere Linse, die es wieder in sein Urganzes sammelt; der Traum und die Dichtung, die ihm in diesem Sinne nachzukommen sucht – Später, wie ich die Zeitung lesen möchte, erinnert mich ein Inserat daran, daß auch der Hellseher, wie mir scheint, in diesem Zusammenhang bemerkenswert wäre –

Max Frisch, Tagebuch 1946-1949

Aktfotografie Leipzig Antje Kröger

Das Damals, das Heute

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Das Damals, das Heute

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Comments

  • Sehr beeindruckend. Gefällt mir sehr und bringt mich zum nachdenken! Wirklich klasse! Gruß Karin

  • Ich schreibe jetzt mal hier einen Kommentar. Der Text ist unsagbar schön in jeder Wortwahl. Ich werde ihn noch oft lesen. Die Bilder dazu sind sagenhaft schön. Alles was ich auf Deiner Seite angeschaut habe ist reine Spitzensahne. Habe Dich im Stern online gefunden. Manchmal bringt er sogar was Gutes.

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