Antje Kröger | Fotokünstlerin

ностальгия

Posted by on Nov 08 2018, in Mensch

Fotoserie Antje Kröger

Sie saßen nebeneinander und schauten abwechselnd in das Licht des kleinen Gerätes, das noch vor ein paar Stunden auf dem Flohmarkt zwischen all dem anderen Kleinkram gelegen hatte. Auf einmal aus der Stille heraus knallten seine Worte an ihre Schädeldecke: „Ich liebe Kizhi.“ Aha. Für sie war die Liebe zum russischen Land nichts NEUES, die Liebe zu Ost, zu Zwiebeltürmen, zu tiefem Atem, zur Literatur der Schwere und Mystik, zu weitem Land, zur Sehnsucht, Sehnsucht gen Sehnsucht. Sie hatte die Dias in Petersburg gekauft. Auch sie lagen damals zwischen Krimskrams auf einem Flohmarkt herum. Einige Jahre war es schon her. Sie hatte ihnen keine große Beachtung geschenkt. Bisher. Nun unternahmen beide gemeinsam im hier und heute mit ihnen einen Ausflug auf die Insel Kischi im Onegasee – im winterlichen deutschen Land mithilfe des kleinen Wunder-Apparates aus der DDR. Sehnsucht. Immer wieder dieses Gefühl. Kischi und seine Holzkirchen, das russische Land, weit im Norden, Finnland so nah. Sehnsucht nach einer Freiheit, die ihnen beiden an Ort und Stelle verborgen blieb. Sie zersprang fast an ihrem tiefen Fühl. Das Fühl.en, die Lebens.aufgabe. In der Küche stand die alte Porzellan-Kanne, die seit dem Spätsommer einen Sprung hatte. Dennoch brühte sie jeden Morgen ihren Kaffee darin auf, mit der kleinen Sehnsucht, sie möge endlich zerspringen, diese rissige Kanne. Sie fühlte sich mit dem Blick auf Kischi auch gesprungen, nicht zersprungen. Denn er war bei ihr, ließ sich küssen und streicheln. Eine Beruhigung. Ein Segen. Er stellte das Licht, ihr Licht, auf den Tisch, schlief mit ihr begleitet vom imaginären Klang der Glocken der Verklärungskirche zu Kischi.

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